Nunmehr sieben Jahre sind seit dem Beginn des „arabischen Frühlings“ vergangen. Was am Anfang eine hoffnungsvolle Bewegung im Nahen Osten war, hat vieles politisch, gesellschaftlich und humanitär für die Menschen im Nahen Osten verändert. Mittlerweile haben Regisseure und Kreative das Thema verarbeiten können und auf der diesjährigen Berlinale wurden mehrere Filme und Produktionen vorgestellt, die dieses Thema und Ähnliche behandeln.
Von vielen Experten wurden die sozialen Medien und die Tatsache, dass Nachrichten und Kommunikation über Smartphones für jedermann erhältlich sind, als Katalysator des arabischen Frühlings genannt. Aber die andere Seite der Medaille sind nicht nur freiheitliche und aufgeklärte Gedanken, die über diese Medien transportiert werden, sondern Propaganda und religiös-fundamentalistisches Gedankengut.
In der fiktiven Dokumentation „Tahqiq fel djenna“ thematisiert der algerische Regisseur Merzak Allouache den digitalen Djihad und wie sich Salafisten der sozialen Netzwerke und deren Reichweite im Nahen Osten bedienen und damit junge und oft auch zukunftslose Männer manipulieren und rekrutieren.
Erzählt wird diese Geschichte aus der Sicht der jungen und motivierten Journalistin Nedjma. Nedjma ist eine investigative Journalistin einer algerischen Tageszeitung, die sich zusammen mit ihrem Kollegen Mustafa auf die Suche begibt. Sie suchen den Grund wieso sich in Algerien – ein muslimisches aber relativ aufgeklärtes und offenes Land – immer noch so viele Menschen von den Versprechungen und Predigten über das Paradies verleiten lassen.
Der Film, der wie eine Dokumentation gehalten ist, sammelt diverse dieser verstörenden und manipulativen Videos von verschiedenen Hasspredigern, welche der Journalistin Nedjma als Anhaltspunkte dienen. In Folge ihrer Recherche führt sie eine Reihe von Interviews. Dabei reduziert sich Nedjma nicht nur auf Außenstehende, sondern versucht verschiedene Vertreter gesellschaftlicher Schichten abzubilden. So findet sie sich nicht nur im Gespräch mit anderen Journalisten oder Schriftstellern, sondern auch mit politischen Aktivisten, die aktiv am arabischen Frühling teilnahmen sowie radikalen und gemäßigten Imamen. Aber auch der typische algerische Jugendliche wird befragt und so schafft es „Tahqiq fel djenna“ ein Abbild der aktuellen Situation zu schaffen wie sonst kein Film zuvor.
„Tahqiq fel djenna“ zeigt uns mehr als nur die vermeintlichen 72 Jungfrauen, sondern was der Wunsch nach dem Paradies für diese verlorene Generation in Algerien bedeutet. Der Film zeigt auch warum diese Generation sich so leicht von vermeidlich offensichtlichen Lügen verleiten lässt und Predigern folgt, deren Versprechen leerer nicht sein könnten.
Regisseur Merzak Allouache wurde 1944 in Algerien geboren. Er ist einer der berühmtesten und wichtigsten algerischen Regisseure und konnte bereits zahlreiche Preise gewinnen. Der Wahl-Franzose konnte zuletzt mit seinem Film „The Reprentant“ den FIPRESCI Filmpreis gewinnen. „Tahqiq fel djenna“ wurde auf der diesjährigen Berlinale in der Kategorie „Panorama-Dokumente“ präsentiert.
Tahqiq fel djenna – von Merzak Allouache
Frankreich / Algerien 2017
Arabisch, Französisch
Dokumentarische Form
135 Min · Schwarz-Weiß
Berlinale: Panorama Dokumente