Barbara Leisner: Sophie Scholl und der Widerstand der Weißen Rose, Würzburg 2010
Sophie Scholl dürfte die bekannteste Widerstandskämpferin gegen das Nazi-Regime sein. Ihr Schicksal vermag Jugendliche auch mehr als 65 Jahre nach ihrer Ermordung noch zu faszinieren. Entsprechend groß ist die Zahl der Jugendbücher, die ihr und dem Widerstand der Weißen Rose gewidmet sind. Mit Sophie Scholl und der Widerstand der Weißen Rose von Barbara Leisner liegt jetzt eine weitere Biografie vor, die sich an Leserinnen und Leser ab etwa 13 Jahren richtet.
Entsprechend der Reihenkonzeption – Leisners Buch ist in der Reihe „Lebendige Biografien“ des Arena-Verlags erschienen – besteht das Buch aus zwei Teilen: Die chronologische Darstellung des Lebens von Sophie Scholl und ihrer Familie wird ergänzt durch Sachinformationen zu historischen Zusammenhängen. Diese eingestreuten Sachkapitel sowie ein knappes Glossar am Ende des schmalen Buchs sollen den jugendlichen Adressaten das Verständnis erleichtern und notwendige Hintergrundinformationen vermitteln. Dieses Anliegen wird unterstützt durch ein klares Layout sowie zahlreiche illustrierende Fotos. Unverständlich, warum auf eine Zeittafel verzichtet wird.
In ihrem biografischen Teil gelingt es Leisner überzeugend, Sophie Scholl als junge Frau auf der Suche nach ihrer eigenen Identität zu charakterisieren. Sowohl das anfängliche Engagement im Bund Deutscher Mädel als auch der Bruch mit dieser NS-Organisation und die Motivation zum Widerstand werden eingehend erläutert und überzeugend als Suche nach Freiheit interpretiert. Auch Sophies Beziehung zu Fritz Hartnagel, die Bedeutung der Eltern und Geschwister sowie die Rolle, die ihr Bruder Hans und seine Münchner Freunde in Sophies Leben hatten, werden eingehend dargelegt. Schließlich wird auch Sophies Anteil am eigentlichen Widerstand der Weißen Rose detailliert dargestellt.
Problematisch werden Leisners Ausführungen, wenn sie den biografischen Rahmen verlassen. Ungenaue Formulierungen und fachliche Fehler zeigen sich hier leider immer wieder: So schreibt die Autorin zum Beispiel über die Weimarer Republik, die Deutschen durften „keine Armee mehr unterhalten“ und „die Juden […] spielten im Bankenwesen eine wichtige Rolle“. Oder sie behauptet, als Vorläufer des Reichsarbeitsdienstes der Nazis „gab es bei allen größeren Parteien einen sogenannten ‚Freiwilligen Arbeitsdienst‘“. Auch die Angaben zur Zahl der Konzentrationslager, zum Zeitpunkt des deutschen Angriffs auf Dänemark und Norwegen und zu dem von den Mitgliedern der Weißen Rose benutzten Druckverfahren sind unzutreffend oder unklar formuliert. Gleiches gilt für die Aussagen zum Widerstand des Münchners Walter Klingenbeck. Auch ist zumindest problematisch, wenn in Zitaten aus historischen Quellen einfach die reformierte Rechtschreibung verwendet wird.
Angesichts der Fehler im historischen Teil und diverser Ungenauigkeiten in Formulierungen kann Leisners Buch leider nur sehr bedingt empfohlen werden. Das ist umso ärgerlicher, als die eigentliche Lebensbeschreibung Sophie Scholl als eine interessante, widersprüchliche und zugleich sehr konsequente Persönlichkeit präsentiert.
Bei Arenaaudio ist Leisners Text auch als ungekürztes Hörbuch erschienen. Den Sprechern Katja Amberger und Christoph Jablonka gelingt es, die Lebensgeschichte von Sophie Scholl und die (problematischen) Hintergrundinformationen anschaulich und kurzweilig zu präsentieren.
Autor: Tomas Unglaube
Barbara Leisner: Sophie Scholl und der Widerstand der Weißen Rose: Lebendige Biographien (Arena Bibliothek des Wissens. Lebendige Biografien), Würzburg: Arena 2010. 112 S., 8,95 €. Ab 13. ISBN 978-3-401-06398-0
Barbara Leisner: Sophie Scholl und der Widerstand der Weißen Rose, gelesen von Katja Amberger und Christoph Jablonka, Würzburg: Arenaaudio 2010, 125 Minuten, 12,95 €. ISBN 978-3-401-26398-4