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Startseite > Rezensionen > Buchrezensionen > Reisen im Niemandsland – von Kurt Kaindl
Geschrieben von: Matthias Reichelt
Erstellt:

Reisen im Niemandsland – von Kurt Kaindl

Kurt Kaindl: Reisen im Niemandsland. Salzburg 2009

Die Brache der Europäischen Geschichte

Das Paradoxon von der sichtbaren Unsichtbarkeit macht vielleicht deutlich, wie sich eine systemische und hermetische Grenze (wie viele andere in der Welt) über die Zeit ihrer Existenz so stark in die Landschaft und in die Psyche der Menschen eingefressen hat. Die ideologische Grenze des „Eisernen Vorhangs“, die sich bereits durch das lange Nichtzustandekommen einer Anti-Hitlerkoalition beim Kampf gegen den deutschen Faschismus anzudeuten begann, hat im Nachkriegseuropa zu einer Zweiteilung geführt, die quer durch Ortschaften und homogene Landschaften verlief. Sicherheitsabstand auf beiden Seiten, Todesstreifen, das Verkümmern der Infrastruktur beidseitig, führten zu einem Zustand der „angehaltenen Zeit“, die zumindest für die Natur einen positiven Effekt hatte. Die Beseitigung der alten Grenzanlagen (bis auf wenige Ausnahmen, die zur Erinnerung dienen sollen) kann jedoch den Raum der „angehaltenen Zeit“ nicht auslöschen. Er ist als eine sichtbare Leerstelle weiterhin noch existent.

Der österreichische Fotograf Kurt Kaindl hat in seinem kürzlich erschienenen Buch dieses „Niemandsland“ in schwarz-weißen Bildern eingefangen. Während mehrerer Reisen, die er zwischen Juli 2008 und März 2009 unternahm, hat Kaindl diese erodierte Nahtstelle dokumentiert, die auf der Halbinsel Priwall an der Ostsee beginnt und am Grenzstein von Lazaretto endet, der Slowenien von Italien an der Adriaküste scheidet. Kaindl portraitiert sowohl Menschen, die im Grenzgebiet leben und arbeiten sowie die Landschaften und Orte. Wohltuend setzt Kaindl nicht auf das Spektakel sondern auf die harmonische bzw. disharmonische Präsenz von Zeichen, die erkannt werden müssen. Wir müssen die Bilder länger betrachten und studieren, um das Besondere dieser Orte herauszufiltern. Am augenfälligsten sind die Fotografien dort, wo auch heute noch unterschiedliche Sprachgebiete und nationalstaatliche Ökonomien aufeinanderstoßen. Es sind kleine Aufsteller oder große Billboards, die auf Wiesen stehen. Da wird im Grenzort Bleiburg/ Pliberk auf deutsch und slowenisch für Schulartikel von der Zadruga geworben. In Fertörákos an der Grenze zwischen Österreich und Ungarn preist man zweisprachig die 3-D Implantologie sowie Ästhetische Dermatologie in Praxen auf ungarischer Seite an. Der Sinn für Profitmöglichkeiten auf östlicher Seite vor dem Hintergrund höherer Preise im Westen zeigt einen Realismus, der womöglich altes hierarchisches Denken erst einmal notdürftig übertünchen hilft.

Die Schäden der zerstörten Kirche von Buchers/Pahoři na Šumavĕ auf tschechischer Seite könnten auch von der Witterung herrühren. Zusammen mit dem Kriegerdenkmal des Ersten Weltkriegs werden beide zu einem beredten Zeichen gegen den Krieg. Die mahnende Parole „Nie wieder Krieg!“ unter den gelisteten Opfern verdeutlicht den sozialistischen Hintergrund dieser später hinzugefügten Tafel. Auf westlicher Seite des Eisernen Vorhangs ist die reaktionäre, weil kriegsverherrlichende Formel von den „gefallenen Helden für Deutschland“ bis heute völlig unkommentiert.

Die 2000 errichtete Gedenktafel in Bayern für den geschliffenen Ort Hermannsreith erinnert ausschließlich an die Vertreibung und Zerstörung von 1946 durch „die Tschechen“. Was dem ursächlich vorausging, ist dagegen keine Erwähnung wert. Geschichtsklitterung in Marmor gefräst.

Das Niemandsland, das Jahrzehnte als verwaiste Brache oder unberührte Landschaft vegetierte, wurde an einigen Stellen nach dem Fall der gesicherten Grenzanlagen mit eilig errichteten Gebäuden touristischer Funktion bestückt. Disneylandartige Spektakel wie der Einkaufspark Excalibur City im österreichischen Kleinhaugsdorf oder Orte des schnellen Euros wie das Spielcasino auf tschechischer Seite bei Furth im Walde spiegeln die Geschichte. An beiden Orten setzt man auf die illusionäre Hoffnung einer beschleunigten Ökonomie zur Entschädigung des jahrzehntelangen Stillstands.

Kurt Kaindls Bilder sind wichtige Dokumente, deren Bedeutung womöglich erst viele Jahre später voll erfasst werden, wenn an vielen Stellen die Geschichte zubetoniert sein wird.
Die beiden vor- und nachgestellten Texte von Karl-Markus Gauß und Clemens Berger nähern sich in unterschiedlicher Weise dem Thema, zeichnen die Entstehungsgeschichte des Begriffs vom „Eisernen Vorhang“ und seine Bedeutung in einem von antagonistischen Systemen geteilten Europa nach. Clemens Berger stellt in seinem sehr persönlichen und eindrücklich formulierten Essay aktuelle und kritische Überlegungen zur politischen Situation im Europa nach dem Schengener Abkommen an. Berger verlässt damit lobenswerterweise den von konservativer Seite ausgetretenen Pfad, den Fall der Grenze eindimensional als Fanal der Freiheit zu sehen und gleichzeitig die Augen vor den dadurch verursachten neuen Separatismen, Bürgerkriegen und die Abschottung gegen die Migration der Armen zu verschließen.

Autor: Matthias Reichelt

 

Kurt Kaindl: Reisen im Niemandsland: Von Lübeck bis Triest. Fotografien entlang des ehemaligen Eisernen Vorhangs Edition Fotohof im Otto Müller Verlag. Salzburg 2009. 104 Seiten; 84 sw-Fotos, geb., Format 21,5 x 26 cm hoch. EUR 34.00, ISBN: 978-3-7013-1162-0

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