Es sind dunkle Zeiten. Der Film “München – Im Angesicht des Krieges” versetzt die Zuschauer zurück ins Deutschland der späten 30er Jahre. Adolf Hitler ist an der Macht und will das Reich vergrößern. Aber was plant der Führer wirklich? Zwei ehemalige Freunde finden sich auf unterschiedlichen Seiten eines politischen Konflikts wieder, der ein Vorbote tragischer Ereignisse gewesen ist.
Im September 1938 erfährt der britische Premier-Minister Neville Chamberlain (gespielt von Jeremy Irons), dass der Führer Adolf Hitler (Ulrich Matthes) konkrete Pläne hat, um mit dem deutschen Heer in die Tschechoslowakei einzumarschieren. Hitler will das Sudetenland einnehmen und dadurch das Deutsche Reich vergrößern. Chamberlain fürchtet, dass dieser Einmarsch einen neuen Krieg entfachen könnte und beruft eine Sonderkonferenz in München zusammen, um mit der deutschen Führung und den Vertretern anderer europäischer Länder zu verhandeln. Sein Ziel ist es, den momentan vorherrschenden Frieden zu schützen und Hitler dazu zu bewegen, keine weiteren Expansionsansprüche zu stellen, die über das Sudetenland hinausgehen.
Auf der Reise nach München wird der Premier-Minister von seinem Sekretär Hugh Legat (George MacKay) begleitet. Der junge Mann ist neugierig auf die Auslandserfahrungen, auch wenn er etwas skeptisch ist. Bei der Konferenz trifft Legat auf seinen alten Freund Paul von Hartmann (Jannis Niewöhner). Vor mehr als zehn Jahren haben Hugh und Paul zusammen in Oxford studiert und sich angefreundet. Paul ist mittlerweile als Dolmetscher für Hitler tätig und kann darum manche Dinge aufschnappen, die nicht an die Öffentlichkeit kommen.
Paul erzählt Hugh im Vertrauen, dass er eindeutige Beweise beschaffen kann, die Hitlers wahre Absichten offenlegen. Der Führer hat nämlich nicht vor, sich nur mit der Tschechoslowakei zu begnügen. Stattdessen laufen die Vorbereitungen auf einen erneuten Krieg auf Hochtouren. Beide Diplomaten wissen, dass die Beweise, die Paul besorgen könnte, das Einzige sind, was diesen Krieg noch stoppen könnte. Aber sie wissen auch, dass sie ihr Leben riskieren, weil auf Spionage im Hitler-Deutschland die Todesstrafe steht.
“München – Im Angesicht des Krieges” ist ein Spionagethriller, der sich auf den Roman “München” des britischen Autors Robert Harris stützt. Für die Umsetzung konnte der deutsche Regisseur Christian Schwochow ins Boot geholt werden, der sich bereits 2021 mit dem Drama “Je suis Karl” einen Namen machen konnte. Die Handlung des Films orientiert sich an den historischen Ereignissen, die sich im September 1938 in München zugetragen haben – knapp ein Jahr vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs am 1. September 1939.
Statt sich allerdings auf trockene Verhandlungsgespräche von Regierungsvertretern zu versteifen, führt Schwochow stattdessen zwei Figuren in die Handlung ein, die es in der Geschichte so nicht gegeben hat. Die Figuren von Hugh und Paul sind eine kreative Freiheit, aus der sich in dem Film geschickt ein Spionagekomplott entwickeln lässt. Die eigentlich wichtigen Personen – Chamberlain auf der einen Seite und Hitler auf der anderen – geraten dadurch zwar etwas ins Abseits, können in den interessanten Momenten aber doch gut gezielt ihren Auftritt abliefern. Dabei kommt es dem Film vielleicht auch zugute, dass er zwar nach der Romanvorlage eines britischen Autors entstanden ist, aber von einem deutschen Regisseur inszeniert wurde. Auf diese Weise kommt die Rolle des Neville Chamberlain deutlich positiver weg.
Der historische Chamberlain gilt eher als ein schwacher Premier-Minister, der mit seinen Aufgaben überfordert war und der Hitlers Gier schlicht unterschätzt hat. Viele Briten sind auch heute noch schlecht auf den schon längst verstorbenen Premiere-Minister zu sprechen. Jeremy Irons verleiht der Rolle allerdings eine interessante Mischung aus britischer Arroganz und ängstlichem Übermut, um den drohenden Krieg noch abzuwenden.
Schwächer besetzt ist dagegen Ulrich Matthes als Adolf Hitler. Es fehlt an dem dunklen Charisma, das beispielsweise Robert Carlyle in “Hitler – Aufstieg des Bösen” in die Rolle legte. Stattdessen wirkt Matthes eher wie eine Stereotyp-Vorstellung des Führers – inklusive übertrieben künstlicher Gestik und einer schlecht abgestimmten Optik. In “Der Untergang” konnte der Schauspieler als Göbbels noch deutlich mehr beeindrucken.
Die eigentlichen Stars sind George MacKay als Hugh Legat und Jannis Niewöhner als Paul von Hartmann, die auf unterschiedlichen Seiten der Politik für das gleiche Ziel ihr Leben aufs Spiel setzen. Regisseur Schwochow versteht sich darauf, die Stärken gerade dieser jungen Schauspieler ins Rampenlicht zu rücken, sodass sie auch neben einem gestandenen Jeremy Irons brillieren können.
Die Handlung von “München – Im Angesicht des Krieges” ist im ersten Viertel etwas sperrig und lässt noch nicht allzu tief in die Geschehnisse blicken, die Schwochow für das Publikum geplant hat. Als Zuschauer wird man ein wenig durch das Leben von Hugh Legat und seine Aufgabe als Sekretär des Premier-Ministers geführt, was an manchen Stellen etwas kürzer hätte ausfallen können, ohne die Handlung des Films zu verändern.
Die Spannung baut sich allerdings langsam auf, sobald Chamberlain und Legat deutschen Boden betreten und mit Paul der erste Kontakt zustande kommt. Ab diesem Zeitpunkt rollt “München – Im Angesicht des Krieges” als Spionagethriller an und zieht die Zuschauer nach und nach in einen Strudel aus Spannung und Nervosität, der sich zu einem regelrechten Spießrutenlauf ums eigene Überleben entwickelt.
Auch wenn die meisten Zuschauer schon von Anfang an wissen dürften, auf welche tragische Entwicklung sich die Ereignisse von München hin zuspitzen, schafft der Film es trotzdem, den Spannungsbogen so aufzubauen und zu halten, dass man bis zum Ende mitfiebert.