Hunters – Wenn Al Pacino zur Jagd einlädt
Rachefeldzug mal anders – Die amerikanische Action-Serie “Hunters” stellt eine kleine Gruppe von Widerstandskämpfern vor, die im Amerika der 70er Jahre auf die Jagd nach Nazis geht. Aber taugt die Serie mit “Scarface” Al Pacino was für den gemütlichen Abend auf dem Sofa?
Von Grillfeiern und Schachspielen
Bereits die ersten zehn Minuten von “Hunters” zeigt, dass die Serie nicht gerade zimperlich vorgeht. Bei der Grillparty des Bilderbuch-Amerikaners Biff Simpson (gespielt von Dylan Bakers) kommt es zu einer Szene. Die Frau seines neuen Mitarbeiters bezichtigt ihn ein Nazi zu sein. Dabei lässt sie sich von nichts und niemandem von ihren Tiraden abbringen. Biff gibt sich gelassen, als er erst seine Frau, seine Nachbarn und dann seine eigenen drei Kinder durch Kopfschüsse hinrichtet, bevor der neue Mitarbeiter sich ebenfalls eine Kugel einfängt. Noch während der enttarnte Nazi von seinen Plänen schwadroniert und typische Nazi-Parolen ausspuckt, erschießt er auch die letzte Überlebende.
Fast zeitgleich muss der junge Jonah Heidelbaum (Logan Lerman) mitansehen, wie seine Großmutter in ihrem eigenen Zuhause von einem Fremden erschossen wird. Als er nach ihrer Trauerfeier auf eine seltsame Kiste mit einem darin versteckten Dolch stößt, keimt in Jonah der Plan auf den Mörder seiner Großmutter zur Strecke zu bringen. Aber er findet niemanden, der ihm helfen will. Die Polizei speist ihn damit ab, dass sie nach möglichen Verdächtigen sucht. Seine Freunde wollen nichts von Jonahs Rachefantasien wissen und selbst als er Hilfe bei einer gefürchteten Straßengang sucht, steht der junge Jude alleine da.
Lediglich der verschrobene Meyer Offerman (verkörpert von Al Pacino) möchte Jonah beistehen. Er erzählt ihm von einer Geschichte aus einem KZ, in dem Meyer mit Jonahs Großmutter Ruth während des Zweiten Weltkriegs inhaftiert war. Es geht um einen Nazi, der Gefangene auf einem riesigen Schachbrett wie Figuren gegeneinander antreten ließ. Sie mussten gegnerische “Figuren” mit Rasiermessern ermorden.
Jonah will von den grausigen Geschichten eigentlich nichts hören. Dass er wenig später von genau diesem Nazi, den Jonah in einem Spielzeugladen mitten in New York aufstöbert, als lebende Dartscheibe benutzt wird, ahnt der junge Jude da noch nicht. Genauso wenig ahnt er, dass Offerman eigentlich ein Nazi-Jäger ist und Jonah zur Hilfe kommt, als er gerade um sein Leben kämpft. Durch dieses Ereignis bekehrt will der Junge auch Jagd auf die Monster machen, die sich in Amerika verstecken und geheime Pläne schmieden. Wie seine Großmutter wird er Teil der Gruppe, die sich “Hunters” nennt.
Der schmale Grat
“Hunters” misst sich an großen Vorbildern wie “Inglourious Basterds” von Quentin Tarantino oder dem schrägen Sci-Fi-Streifen “Iron Sky”. Immer wieder kippt die Stimmung der Serie von ernst und bedrückend zu albern und blöd. Bereits die erste Folge ist eine Zerreißprobe für die Zuschauer. Mit über 90 Minuten Laufzeit lässt sich der Auftakt viel Zeit, um Jonahs Kleinkrieg in den Straßen von Brooklyn zu folgen. Dabei wird dem Zuschauer kaum Inhalt geboten, der im Gedächtnis bleibt. Die Eröffnungsszene mit der blutigen Grillpartie soll von den Sitzen reißen. Danach ebbt die ganze Spannung aber schnell wieder ab. Auch der Tod von Jonahs Großmutter ist so unspektakulär, dass man ihn nach wenigen Minuten vergessen würde, wenn die Charaktere nicht gefühlt alle fünf Minuten wieder darüber reden würden.
Das erwähnte Schachspiel im KZ ist wiederum ein blutiges Intermezzo. Allerdings wird das Schachspiel, das in der Geschichte sieben Tage lang stattfinden soll, nur kurz und oberflächlich abgebildet – ein kurzer Schocker, um die eingeschlafenen Zuschauer wieder hochschrecken zu lassen, bevor es wieder zurück zu Jonah und seiner Suche nach Vergeltung geht.
Es wirkt fast so, als hätte der David Weil, der Schöpfer der Serie, nur genug Ideen gehabt, um ein paar Eckpunkte der Serie zu gestalten. Die Zeit dazwischen wird dagegen mit zusammenhanglosen Szenen und Charakteren gefüllt, die kein wirkliches Interesse des Publikums für sich gewinnen können.
Viele Ansätze mit wenigen Umsetzungen
Eigentlich besitzt “Hunters” diverse Bausteine, aus denen man wirklich gute Unterhaltung machen könnte. Es gibt ein starkes Feindbild, das unter anderem durch Lena Olin als Nazi-Anführerin “Frau Colonel” geprägt wird. Dazu hat David Weil einen bunten Strauß an bekannten Schauspielern versammelt. Angeführt wird die Riege der Nazi-Jäger von dem Oscar-Gewinner Al Pacino. Logan Lerman als Jonah dürfte dem jüngeren Publikum auch ein Begriff sein. Immerhin hat er die Hauptrolle der “Percy Jackson”-Filme um den gleichnamigen Teenager mit göttlicher Abstammung übernommen. Und auch der “How I Met Your Mother”-Star Josh Radnor ist mit von der Partie.
Trotzdem verschenkt die Serie Potential bei jeder sich nur bietenden Gelegenheit. Statt sich klar in eine Richtung zu orientieren, dreht sich die Serie pausenlos im Kreis. Mal will sie lustig und überzeichnet sein. Dann werden wieder die düsteren Töne angeschlagen. Wenn das nicht reicht, kommen billige Schock- und Folter-Effekte, wie man sie nur aus Trash-Filmen mit sehr geringem Budget kennt. Dabei bekommen die Zuschauer schnell das Gefühl, dass der historische Hintergrund des Zweiten Weltkriegs und die Ermordung von 6 Millionen Juden nur als ein geschmackloses Sprungbrett verwendet wird, damit die Serie ihrer eigentlichen Handlung folgen kann.
Die einzige positive Erwähnung verdient Greg Austin, der in die Rolle des gefühlskalten Jung-Nazis Travis Leich schlüpft. Austin schafft es als einziger Charakter überhaupt im Gedächtnis zu bleiben. Seine Auftritte sind zwar nur kurz, aber sie spiegeln das Bild des kalten Cleaners wider, der die Drecksarbeit erledigt. Dabei ist er schnell, brutal und wie man es erwartet ideologisch durchgeknallt. Das lässt eisige Schauer den Rücken herunterlaufen. Leider reicht Austins Darstellung aber nicht, um “Hunters” aufzuwerten.
Insgesamt bleibt zu sagen, dass die Serie zwar überzeichnet startet, aber schnell an Tempo verliert. Wer sich “Hunters” trotzdem ansehen möchte, sollte ein gutes Durchhaltevermögen mitbringen – es wird definitiv auf die Probe gestellt!