Der Schubart-Literaturpreisträger Hellmut G. Haasis hat sich nach seiner Georg Elser-Biographie nun in einem Theaterstück mit dem Nazigegner aus Königsbronn beschäftigt.
Zu Georg Elser gibt es inzwischen eine ganze Reihe von Veröffentlichungen. Die bemerkenswerteste war sicherlich die Georg-Elser Biographie von Hellmut G. Haasis von 1999 „Den Hitler jag‘ ich in die Luft“. Auch hatten sich schon verschiedene Autoren an Theaterstücke und Filme zum Thema gemacht. Lange ist’s her, dass der unerschrockene Schreiner Elser aus Königsbronn uns mit dem Film von Klaus Maria Brandauer (1989) nahe gebracht wurde. Elser erschien darin etwas geschraubt.
Völlig anders dagegen in dem neuen Theaterstück, verfasst von Hellmut G. Haasis (Thaddäus-Troll-Preis, Schubart-Literaturpreis Aalen). Wo Brandauers Film aufhört – bei der Explosion im Bürgerbräukeller – fängt Haasis erst an. Elser wird zur Gestapo geschleppt, tagelang gefoltert und verhört. Der Hitler-Attentäter antwortet mit seiner Stärke: Er spricht ganz langsam und aus einer anderen Welt: einer unstillbaren Friedenssehnsucht und einer Heimat ohne Unterwerfung unter die Staatsterroristen. Er spricht ungekünstelt, also schwäbisch. Die anderen Personen reden gehoben: in der Schriftsprache.
Haasis‘ Theaterstück ist fließend lesbar, am besten laut. Zehn Personen treten auf: die unterwürfige Sekretärin, die bei der Gestapo gewissenhaft mitmacht; Elsers Freundin Elsa, die ihren Georg am besten kennt; ein Kommissar und SS-Offizier, der später in Rom 350 Italiener erschießen lässt und andere. Großer Respekt wird Elser bezeugt vom Reichskripochef Arthur Nebe und vom Münchner Kripodirektor.
Der Höhepunkt kommt in der letzten Szene. Alle Spieler kehren zurück und inszenieren sich selbst immer verrückter. Ein Stück Surrealismus. Die Sekretärin klammert sich an ihre Schreibmaschine und schleimt vom Gehorsam. Hitler taucht nur als „Strolch von Braunau“ auf. Alle wiederholen ihre stumpfen Ausreden, immer dünner werdend.
Sogar einen satirischen Bezug zur Gegenwart hat der Autor hergestellt. Der amtierende Ministerpräsident quatscht zwischen den auferstandenen Akteuren von nichts anderem als vom Geld: Die Erinnerung an Elser sei zu privatisieren, exklusiv präsentiert durch Döner-Buden, Go-Kart, Geisterbahnen, Sex-Shops und Souvenirläden. Der politische Freiheitskämpfer Elser dagegen sei nicht gefragt. Wer dennoch an ihn erinnern wolle, solle einen Sponsor mitbringen.
Das letzte Wort hat Elser: „Die feine Herrschafda werdad mi auf d Seit schieba. Sodde wie mi koo mr ed braucha. – Aber mei Hoffnong isch ed aus. S goht weiter, Kriegstreiber geit’s ällweil gnuag.“
Seinem Faible für schön gestaltete Bücher trägt der Autor auch in der kleinen Taschenbuchauflage Rechnung. Die Grafiken der 1. Auflage sind handkoloriert, signiert und datiert. 100 Liebhaberstücke können zum normalen Preis von 12 Euro direkt beim Autor Haasis, Tannenstr. 17, 72770 Reutlingen, (07121) 509173 bestellt werden, die normale Ausgabe in jeder Buchhandlung.
Autor: Heiner Jestrabek. Erstveröffentlichung in der Schwäbischen Post am 13.1.2007.
Hellmuth G. Haasis: Georg Elser schwäbisch bei der Gestapo, ISBN 3-922589-31-6.