Nina Hagen hatte einst nur den Farbfilm vergessen. Als Kunde der Deutschen Bahn bekommt man oft den Eindruck, als hätte sie den Fahrplan vergessen. Viel schwerwiegender ist jedoch, was die demokratische Öffentlichkeit im fünfundsiebzigsten Jahr nach der Machtübernahme der Hitler-Clique feststellen muss: Die Deutsche Bahn will ganz offensichtlich ihre Mitverantwortung an der Deportation von jüdischen Kindern in die Konzentrationslager vergessen machen, indem sie dem, an dieses braune Kapitel der Geschäftstätigkeit der damaligen Deutschen Reichsbahn erinnernden Zug, hohe Trassennutzungsgelder und Haltegebühren an ihren Bahnhöfen abverlangt.
Für den Berliner Hauptbahnhof sprach die Deutsche Bahn dem „Zug der Erinnerung“ ein Halteverbot aus. So – als wäre er irgendein gewöhnlicher Parksünder. Verkehrstechnische Gründe mussten hier als Vorwand herhalten. Angesichts des Vorspiels dürften es eher verdrängungstechnische Gründe sein. Inzwischen ließ man sich in der Bahn soweit herab dem „Zug der Erinnerung“ immerhin auf vier anderen Berliner Bahnhöfen ein Halt zu gewähren. Der Vorsitzende des Bahn-Aufsichtsrates Werner Müller, der mit SPD-Fahrkarte als Wirtschaftsminister im Kabinett von Gerhard Schröder saß, informierte in einem auf den 1.April 2008 datierten Schreiben über die Entscheidung des Unternehmens, 100 000 Euro für eine national wie international renommierte jüdische Einrichtung spenden zu wollen.
Der den „Zug der Erinnerung“ tragende Verein wurde in diesem Schreiben als Spenden-Empfänger ausdrücklich ausgeschlossen. Man fragt sich, was das nun wieder soll. Will sich da wieder jemand von Verantwortung und Schuld frei kaufen? Das mag bei Wirtschafts-kriminellen a la Esser, Hartz oder Ackermann gehen, aber nicht bei aufgelaufenen Blut-Schulden! Das einzig richtige und anständige, was die Deutsche Bahn hier hätte tun sollen, wäre gewesen: Den „Zug der Erinnerung“ einfach fahren lassen! Das wäre mal ein guter Zug. Somit bleibt die Forderung, das dieser Zug ungehindert gegen das Vergessen anfahren und zum Erinnern anhalten kann. Auch auf dem Berliner Hauptbahnhof!
Autor: René Lindenau