Rezension über: |
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Sascha Lange: Die Leipziger Meuten. Jugendopposition im Nationalsozialismus. Leipzig: Passage 2012, 112 Seiten, ISBN 978-3-95415-001-4, 9,95 EUR. |
Jugendliche Helden
Die Opposition Jugendlicher gegen den NS-Staat in Westdeutschland ist inzwischen recht gut erforscht – im Gegensatz zum nicht kommunistischen Widerstand im Gebiet der ehemaligen DDR. Sascha Langes Dokumentation über die Leipziger Meuten hilft, diese Lücke zu füllen.
Bis zu 1.500 junge Menschen zwischen 14 und 18 Jahren, überwiegend männliche Lehrlinge und Jungarbeiter, waren Teil der Leipziger Meuten. Eine feste Struktur und eingetragene Mitglieder gab es nicht. Die zugehörigen Jugendlichen stammten meist aus der Arbeiterschaft. Aufgewachsen im linken Milieu einte sie die Gegnerschaft zum Nationalsozialismus. Insbesondere lehnten sie die Gleichschaltung der Jugend durch die Hitlerjugend ab. Aus dieser Opposition entwickelte sich bisweilen auch aktiver Widerstand: Die Jugendlichen bringen Parolen an, verteilen Flugblätter, stören gezielt Propagandaaktionen der NSADP und unterstützen Verfolgte.
Seit längerer Zeit erforscht der Leipziger Historiker Sascha Lange die Geschichte der Leipziger Meuten. 2009 promovierte er mit einer Arbeit über die Leipziger Jugendopposition. Sein aktuelles Buch basiert auf diesen Arbeiten und belegt die Aktivitäten der Meuten in den 30er-Jahren.
Zeitzeugenberichte belegen Mut und Standfestigkeit der jungen Menschen
Auszüge aus Ermittlungsakten, Anklageschriften und Urteilen belegen, wie irritiert der NS-Staat auf die Jugend-Opposition reagierte und wie brutal er diejenigen verfolgte, derer er habhaft wurde. Nebenbei erfährt der Leser viel über die Bedeutung der SPD und der Roten Falken, der Gewerkschaften und der Sportvereine für das linke Milieu in Leipzig während der Weimarer Republik und darüber hinaus.
Lesenswert machen Langes Buch vor allem die vielen Interviews, die der Autor mit ehemaligen Meuten-Mitgliedern führte. Diese Zeitzeugenberichte belegen Mut und Standfestigkeit dieser jungen Menschen während der NS-Zeit. Sie beeindrucken durch ihre Bescheidenheit, auch rückblickend stellen die Befragten die eigene Bedeutung nicht besonders heraus. Die Frage, ob die Aktionen der Meuten Widerstand gewesen seien, beantworten sie durchaus selbstkritisch.
Zahlreiche, von Lange kenntnisreich erläuterte Fotos sowie zusätzliche Hintergrundinformationen runden den Band ab. Sie erleichtern nicht nur das Verständnis der Dokumente und Zeitzeugenberichte, sondern geben zusätzlich Einblick in das Leben junger Menschen in Leipzig vor und nach 1933.
Autor: Tomas Unglaube
Zweitveröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Autors.
Erstveröffentlichung in: ENDSTATION RECHTS. ↗, 6. März 2013.