An diesem Ort entschied sich das Schicksal Europas. Die Landung der Alliierten am 6. Juni 1944 leitete das letzte Kapitel des Dritten Reiches ein. Die deutsche Wehrmacht hatte den vorgeblich unbezwingbaren Atlantikwall erbaut, der von den Alliierten in zähen Kämpfen niedergerungen wurde.
Mit Bezug auf Jean Grémillons, 1944/45 unmittelbar unter dem Eindruck der völlig zerstörten Normandie gedrehten Film Le six juin à l’aube begibt sich dieses dokumentarische Essay 70 Jahre später auf eine Spurensuche vor Ort.
Es ist ein sehr künstlerischer Film, den Regisseurin Claire Angelini gewagt hat.
Zuerst hören wir einen Zeitzeugen, der als Jugendlicher von den Auswirkungen des Krieges betroffen war.
Dann sehen wir das eigentliche Subjekt des Filmes: die Landschaften. Die Narben der Vergangenheit zeigen sie nur auf den zweiten Blick. Deshalb sind Orte aus Grémillons Film im heutigen Zustand zu sehen, versehen mit der dramatischen Musik und dem Kommentar des Erzählers von damals.
Im dritten Teil hören wir aus dem Off Überlegungen zur Architektur des Wiederaufbaus und sehen Fotos von Gebäuden, die für „urbane Modernität“ stehen.
So erschließt Angelini Schicht für Schicht die Schichten einer Region, die das zweifelhafte Schicksal hatte eine wichtige Rolle im Zweiten Weltkrieg zu spielen.
Es ist kein großes Werk des Gedenkens oder der Vergangenheitsbewältigung und wird sicher kein großes Publikum finden. Aber als persönliches historisches Werkstück der Filmemacherin verdient es Respekt und Anerkennung.
Berlinale – Sektion Forum
Frankreich 2015, 71 Min
Französisch
REGIE: Claire Angelini
DARSTELLER: Bernard Pommier, Carlo Angelini, Julien Thorel