„Between the Temples“ von Nathan Silver handelt von dem jüdischen Kantor Ben Gottlieb, der sich in einer persönlichen Glaubenskrise befindet. Seine Ehefrau, Schriftstellerin und Alkoholikerin, ist bei einem Unfall ums Leben gekommen. Es besteht die Gefahr, dass er sowohl seinen Glauben als auch seine Stimme verliert. Ben kann sich einfach nicht mehr zum Singen durchringen. Er müht sich damit ab, den Erwartungen seiner Gemeinde und seiner beiden jüdischen Mütter zu entsprechen, bei denen er seit dem Tod seiner Ehefrau wieder lebt. Gleichzeitig findet eine Konfrontation mit seiner früheren Musiklehrerin Carla aus der Grundschule statt. Diese möchte bei ihm in die Bat-Mizwa-Schule gehen. Ihr Auftreten könnte eine Veränderung in seinem Leben bedeuten. Die zunächst unerwartete Beziehung zwischen Ben und Carla wird mit der Zeit immer intensiver, zwei äußere Faktoren bedrohen dieses Verhältnis aber schon bald. Zum einen ist da Carlas Sohn, der sich sehr misstrauisch gegenüber der plötzlichen Religiosität seiner Mutter zeigt. Gabbi wiederum fühlt sich ebenfalls zu Ben hingezogen. Ihr Vater, der Rabbi Bruce, versucht sie daher mit Ben zu verkuppeln. Ben steht bisher im Dienst des Rabbis.
Im Fokus der Komödie stehen Glaubensfragen und die Erlebnisse zweier Menschen, die sich einander zu inspirieren und zu unterstützen versuchen, obwohl sie mit eigenen Sorgen zu kämpfen haben. Anzusiedeln ist das Verhältnis zwischen Ben und Carla am wahrscheinlichsten zwischen guter Freundschaft und einer beginnenden Romanze. Auch die Frage, was einen anständigen Mann ausmacht, findet in der Filmkomödie ihren Niederschlag. Rabbi Bruce möchte zwar in erster Linie viele Spenden für seinen Tempel sammeln, doch zeigt er sich Ben gegenüber als wohlwollend und unterstützend.
Interessant ist die bewusste Umkehrung von Lehrer und Schüler in der Komödie. Auf diese Weise können die Protagonisten ihre komischen Fähigkeiten und Eigenheiten unter Beweis stellen. Hintergrund der Entstehung der Filmkomödie ist, dass Carol Kane unbedingt mit Jason Schwartzman zusammenarbeiten wollte und darauf Nathan Silver mit einer Idee für einen Film zu ihr kam, in der es um die Freundschaft zwischen einer Witwe und einem Witwer gehen sollte.
Immer wieder kommt ein gewisser schwarzer Humor zum Vorschein, zum Beispiel in den erotischen Sprachnachrichten, die Bens tote Ehefrau einst verschickte. Damit erinnert „Between the Temples“ ein wenig an Hal Ashbys Klassiker „Harold und Maude“ und „Love Is All There Is“ von Joseph Bologna und Renée Taylor. Am Anfang hat der Zuschauer noch nicht wirklich das Gefühl, einer Komödie beizuwohnen, da zunächst die Probleme der Charaktere zur Sprache kommen. Nach diesen eher unangenehmen Einführungen drängt sich aber bald die Heiterkeit in den Vordergrund, die den Rest des Films prägt. Das Setting erinnert an vielen Stellen an die 1970er Jahre.
Viele Filmszenen fallen durch eine gewisse Improvisation auf. Kameramann Sean Price Williams wechselt bewusst oft zwischen den beteiligten Personen hin und her. Häufig fängt er die Personen aus nächster Nähe ein, um das Gefühlschaos besser zur Geltung zu bringen. Besonders gut gelingt das bei einer Szene gegen Ende des Films, in der ein geselliges Abendessen bei Bens beiden Müttern stattfinden soll. Kleine Details wie eine unpraktische und zu große Speisekarte treten dann deutlich hervor. Der Einfluss von Kameramann Williams macht sich aber auch in dem überlappenden Sounddesign bemerkbar, das dieser auch in anderen Filmen öfters als bewusstes Stilmittel einsetzt.
Die Dreharbeiten für den Film fanden in Kingston im US-Bundesstaat New York statt. Nathan Silver verfasste das Drehbuch für den Film zusammen mit C. Mason Wells. Ursprünglich hatten die beiden kein Drehbuch im herkömmlichen Sinn parat. Das führte dazu, dass für die beteiligten Schauspieler viel Raum für Kreativität und individuelle Charakterentwicklung entstand. Wie Schauspielerin Carol Kane in einem Interview verlauten ließ, fand sie die Idee eines offenen Drehbuchs durchaus interessant. Dazu trug auch bei, dass die Geschichte von Carla der ihrer eigenen Mutter im echten Leben ähnelt. Insgesamt überzeugt „Between the Temples“ als herzerwärmende und zugleich charmante Komödie. Dazu trägt auch die gelungene Besetzung der zentralen Rollen bei.