Feuerwehrmann Broňa ist der festen Überzeugung, bei dem Vorfall würde es sich um einen Terroranschlag handeln, der klischeegerecht von einem „Araber“ verübt worden sei. Sein Kollege Standa ist dahingehend anderer Meinung, was die Beziehung zwischen den beiden Feuerwehrkollegen auf die Probe stellt. Denn eigentlich ist Broňa eine Vaterfigur für Standa.
Trotz des Meinungsdisputs hinsichtlich der Ursache für den Ostermarkt-Vorfall gründen die lokalen Feuerwehrwehrleute, die in ihrem Berufsalltag sonst nicht sonderlich gefordert sind, eine Bürgerwehr, um unter Beweis zu stellen, dass sie ihre Einwohner schützen können. Standa, der von der Xenophobie seines Feuerwehrkollegen Broňa nicht viel hält, gibt sein Bestes, um alles zum Guten zu wenden und die Idylle des Dorfes wiederherzustellen.
Neben dem hauptsächlichen Erzählfaden eröffnet „Somewhere over the Chemtrails“ regelhaft nebensächliche Handlungsstränge: so ist Standas Frau schwanger und der Mikrokosmos des Dorfes scheint durch Zuzug von Ausländern bald gestört. Die Handlung rund um den Provinzort und seine Einwohner, die allesamt von Fremdenfeindlichkeit, Verschwörungsgedanken und Fake News geplagt scheinen, erzählt auf absurd humoristische Weise, was die Unsicherheit und Verwirrung in der heutigen Gesellschaft, gepaart mit einem Übermaß an Informationen und einem fehlenden Medienverständnis anrichten können.
Vor allem sind es die politisch-geschichtlichen Hintergründe, die „Somewhere over the Chemtrails“ herausstechen lassen. Die sozialistisch geprägten Hintergründe der Tschechischen Republik, der ehemaligen Tschechoslowakei, die sozialen Umstände und die kulturelle Isolation im provinziellen Raum werden spürbar veranschaulicht und vermitteln dem Zuschauer ein überspitztes Bild der Realität.
Regisseur Rybanský zufolge habe er mit seinem Werk vor allem den Kontrast zwischen dem Ernsten und dem Komischen betonen wollen, ebenso wie die daraus entstehende Absurdität. Als „absurd“ kann man „Wenn es nur brennen würde“, wie die Übersetzung des Originaltitels lautet, jedenfalls bezeichnen. Der fast zynische Originaltitel bezieht sich im Übrigen auf die dystopische Gefühlswelt jener, die sich, wie Broňa, in der Opferrolle einer größeren Verschwörung sehen – auf den frustrierten Tatendrang, zum Wohle der Gemeinde handeln zu wollen, aber nicht zu können. Die englische Version des Titels: „Somewhere over the Chemtrails“ leitet sich von Fehlinformationen über Chemtrails, also angebliche Dunststreifen zur Abgabe gefährlicher Chemikalien über den Himmel durch geheime Organisationen, die eine untergeordnete Rolle im Film spielen, ab.
„Somewhere over the Chemtrails“ ist ein Spielfilm gemacht für jene, die keine Scheu haben, ernsten Themen mit Humor zu begegnen und dabei gewillt sind, hin und wieder anzuecken. Dem Werk ist zu wünschen, dass es den Weg in die deutschen Kinos findet.
Somewhere Over the Chemtrails
Regie: Berlinale – Sektion Panorama