Seit August entschädigt die niederländische Bahn Überlebende und Angehörige der Deportationen während der deutschen Besatzung.
Die NS-Vernichtungsmaschinerie lief auf Schienen: Ohne den Einsatz der Reichsbahn und verschiedener Bahngesellschaften der besetzten Länder wären Massendeportationen quer durch Europa undenkbar gewesen. Und die Bahnunternehmen verdienten daran – denn selbst für die Reise nach Auschwitz musste eine Fahrkarte gekauft werden. Die deutsche Reichsbahn beispielsweise berechnete zwei Pfennig pro Kopf und Kilometer. Aufgrund der Bereicherung an der Massenvernichtung und ihrer zentralen Funktion werden immer wieder Stimmen laut, die von den heutigen Nachfolgeunternehmen vieler europäischer Bahngesellschaften Entschädigungen fordern.
Die niederländische Bahn verdiente über zwei Millionen Gulden mit Deportationen
So zum Beispiel auch in Holland: Während der deutschen Besatzung transportierte die niederländische Bahngesellschaft Nederlandse Spoorwegen über hunderttausend Juden, Sinti und Roma in das Deportationslager Westerbork. Die Kosten dafür stellte sie beim nationalsozialistischen Regime in Rechnung: etwa 2,5 Millionen Gulden, die aus beschlagnahmtem jüdischem Besitz bezahlt wurden. Auch die Eltern des Journalisten Salo Muller waren unter den Deportierten – über Westerbork wurden sie nach Auschwitz gebracht und ermordet. Salo Muller drohte der niederländischen Bahn mit einer Klage, woraufhin diese Ende 2018 Entschädigungszahlungen zusagte: Circa 5.000 Überlebende oder deren Hinterbliebene können seit August 2019 mit 5.000 bis 15.000 Euro pro Person rechnen.
Auch die französische Staatsbahn SNCF hat 2014 nach jahrelangem Druck und Klagedrohungen einen Fonds eingerichtet, um die überlebenden Opfer der Deportationen bzw. deren Angehörige zu entschädigen. Die SNCF transportierte während der deutschen Besatzung über 70.000 Menschen in NS-Konzentrationslager.
Die Deutsche Bahn als Nachfolgerin der Reichsbahn bekennt sich zu ihrer moralischen Verantwortung und unterstützt beispielsweise die israelische Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem finanziell. Konkrete Entschädigungszahlungen fanden bisher jedoch nicht statt.
Autorin: Eva Hasel
Links
https://www.dw.com/de/niederl%C3%A4ndische-bahn-entsch%C3%A4digt-holocaust-opfer/a-49367529
https://www.juedische-allgemeine.de/juedische-welt/bahn-entschaedigt-holocaust-opfer/
https://www.dw.com/de/frankreich-zahlt-an-holocaust-%C3%BCberlebende/a-18112827