Tova Friedman: Wir Kinder von Auschwitz, cbj 2025
Tova Friedman: Ich war das Mädchen aus Auschwitz, Penguin 2023
Die Zahl der Menschen, die aufgrund eigenen Erlebens über die Shoa berichten können, wird immer kleiner. Umso wichtiger ist es, wenn diese Zeitzeugen sich der belastenden Mühe unterziehen, ihre Erinnerungen an die Vernichtung der europäischen Juden schriftlich oder mündlich festzuhalten, und diese so für uns Nachgeborene bewahren.
Tova Friedman, 1938 als Tola Grossman in Polen geboren, gehört zu diesen Überlebenden der Shoa. Anschaulich schildert sie in ihrem im Januar 2025 in Deutschland erschienenen Jugendbuch Wir Kinder von Auschwitz, wie sie zunächst in einem Ghetto in Polen, später in Auschwitz als jüdisches Kind verfolgt wurde. Einsamkeit, Hunger und die ständige Gegenwart des Todes bestimmten ihr kindliches Leben. Das Sterben von Mitgefangenen gehörte ebenso wie der Kampf ums Überleben zu ihrem Alltag. Auch zeigt sich, dass die von der KZ-Haft herrührenden Traumata über 1945 hinaus fortwirkten und ihr späteres Leben in den USA prägten. Der nüchterne Erzählton, die lineare Struktur, die Gliederung in viele kurze Kapitel, das Glossar im Anhang sowie die den Text sinnvoll stützenden Illustrationen machen es möglich, Friedmans Wir Kinder von Auschwitz trotz des belastenden Themas bereits Leserinnen und Lesern ab 12 Jahren zu empfehlen.
Bereits 2023 erschien von Friedman, einer studierten Psychologin und Therapeutin, auf Deutsch Ich war das Mädchen von Auschwitz, das sich nicht nur aufgrund umfassenderer historischer Hintergrundinformationen zum Leben im Ghetto wie in Auschwitz eher an ältere Leserinnen und Leser richtet. Eingehend schildert die Autorin, teilweise auch in Rückblenden, ihr Leben als kleines Kind im Ghetto Tomaszów Mazowiecki und in Auschwitz-Birkenau. Auch hier wird anschaulich gezeigt, dass Hunger und Todesangst neben der völlig willkürlichen Brutalität des Bewachungspersonals alles bestimmten. Die Angst, die Eltern zu verlieren, war allgegenwärtig. Wünschenswert wäre es gewesen, wenn das Lektorat bei der Begrifflichkeit mehr Sorgfalt gezeigt hätte: „Wehrmacht“ und „Soldaten“ werden zu undifferenziert als Begriffe verwendet. Sehr viel ausführlicher und genauer als in dem Jugendbuch erläutert Friedman in Ich war das Mädchen aus Auschwitz ihr Leben nach der Befreiung aus Auschwitz im Januar 1945 als gerade einmal Sechsjährige. Auf knapp 100 Seiten beschreibt sie die Rückkehr in ihre polnische Heimat, die Jahre in einem Lager für Displaced Persons in Bayern und schließlich die Zeit in den USA, die neben Israel, wo sie auch zehn Jahre lebte, ihre zweite Heimat wurden. Diese Schilderungen belegen nicht nur, dass und wie Auschwitz über 1945 hinaus die Autorin prägte. Nachvollziehbar zeigt Friedman auch, warum die Bedeutung des Zionismus und des Judentums in ihrem Leben im Laufe der Jahre zunahm.
Seit vielen Jahren erzählt die Autorin als Zeitzeugin Jugendlichen wie Erwachsenen von ihrem Leben in Auschwitz und begleitet auch Gruppen dort hin. Das Bewahren der Erinnerung an die Shoa, davon ist Tova Friedman zutiefst überzeugt, ist für ein humanes, friedliches Zusammenleben der Menschheit unverzichtbar. Ihre Bücher belegen dies überzeugend.
Autor: Tomas Unglaube
Tova Friedman / Hilary Freeman / Manuel Sumberac (Illu.) / Roman Stadler (Übers.): Wir Kinder von Auschwitz. Wie ich das Todeslager überlebte, München: cbj 2025, 208 S., ab 12 J.
Tova Friedman / Malcolm Brabant / Ulrike Strerath-Bolz (Übers.): Ich war das Mädchen aus Auschwitz, München: Penguin 2023, 352 S., ab 16 J.