Die einst eurokritische Partei, die zunächst in Zeiten der Finanzkrise aus überwiegend konservativen Kreisen gegründet wurde, hat in den Jahren eine steile rechte Karriere hingelegt. Die einst bürgerlichen Gründer sind schon lange in der Minderheit, nationale und völkische Stimmen dominieren den Alltag der Partei. Einen Höhepunkt fand diese Entwicklung im rechtsradikalen „Flügel“ der Partei. Deren Ideologie ging selbst dem eigenen Parteivorstand zu weit. Oder besser gesagt: Die Aktivitäten des Flügels wurden für die Gesamtpartei zu gefährlich, denn sie haben die Aufmerksamkeit des Verfassungsschutzes massiv auf sich gezogen. Und das wollen „die Wölfe im Schafspelz“ ganz und gar nicht, die bürgerliche Fassade soll stets aufrecht erhalten bleiben. Denn nur so denkt man letztendlich mehrheitsfähig zu sein, um dann irgendwann die Regierung übernehmen zu können. Wie entlarvend das eigene Spiel ist, verdeutlicht der Film „Eine deutsche Partei“ an gleich mehreren Stellen. Denn mehr als Ausflüchte, Verharmlosung, Relativierung und Verleugnung, fällt den politischen Aktiven dieser Partei auf die eigenen extremistischen Haltungen nicht ein.
Dabei diffamieren sie gerne alle Andersdenkende. Wer nicht auf nationaler Spur ist, der gilt gleich als „linksversüfft“ (Zitat Prof. Meuthen, ehemaliger Vorsitzender der Partei und eher dem „bürgerlichen Flügel“ zugehörig). Eine besondere Abscheu hegen sie gegenüber den herablassend genannten Systemmedien, zu denen aus ihrer Sicht generell alle öffentlich-rechtlichen Medien zählen. Aber auch die allermeisten Printmedien sind ihnen zuwider und werden als „regierungstreu“ abgestempelt. Das erschwert ungemein die journalistische Arbeit, da viele Protagonistinnen und Protagonisten dieser Partei ausschließlich mit ihnen wohlgesonnenen „alternativen Medien“ im Austausch stehen. Umso mehr ermöglicht der Film „Eine deutsche Partei“ der/dem Zuschauer/in einen seltenen und authentischen Blick auf die Machenschaften der AfD. Ohne dabei auf irgendeine Kommentierung oder dergleichen zurückgreifen zu müssen, erklärt sich für das Publikum deren perfides Treiben von selbst.
Am Ende des Filmes bleibt nur eine Erkenntnis: Man bewahre uns bloß vor irgendeinem Einfluss oder einer Verantwortung dieser Partei. Denn die Repräsentanten geben von sich ein recht erbärmliches Bild ab. Um diesen Eindruck zu erzeugen, brauchte der Filmemacher lediglich die Kamera und das Mikrofon in die richtige Richtung zu halten. Das peinliche Material, das uns als Zuschauer/in maximal zwischen Weinen und Lachen hin und her reißt, liefern die Vertreter/innen der AfD selbst ohne weiteres Zutun der Filmschaffenden. Die Entblößung findet ganz freiwillig und in vielen Momenten auf sehr grotesker Art und Weise statt. Gegner/innen der Alternative für Deutschland werden in diesem Film viel Bestätigung für ihre Antipathie finden. Vermutlich werden wiederum viele Anhänger/innen der AfD mit ihren bereits bekannten und reflexartigen Argumenten versuchen sämtliche Vorwürfe zu entkräften. Doch letzten Endes bleiben für beide Seiten die Bilder und die gesprochenen Worte dieses Filmes, und die lügen nun einmal nicht.
Die Kritik der AfD-Anhängerschaft an diesem Film blieb nicht lange aus. O-Töne seien aus dem Zusammenhang gerissen, Schnitte seien bewusst tendenziös gesetzt worden, und so weiter und so fort. Doch spätestens mit den inhaltlichen Aussagen des Filmes konfrontiert, verstummen die meisten Kritiker. Zu deutlich zeigt sich die eigene Zerrissenheit der Partei, zu eindeutig ihr Weg nach immer weiter rechts. Auf der anderen Seite erhält der Filmmacher Simon Brückner viel Lob für sein Werk, dessen Produktion immerhin mehrere Jahre in Anspruch genommen hat. Definitiv erhält seine schonungslose Darstellung des Innenlebens der Alternative für Deutschland viel Beachtung, die Presse hat die Vorstellung des Films auf der Berlinale aufmerksam beobachtet. „Eine deutsche Partei“ hat somit bereits mit der Uraufführung für reichlich Gesprächsstoff gesorgt. Wie die weiteren Zuschauer/innen den Film aufnehmen werden, das bleibt noch abzuwarten. Wohin sich letztendlich die AfD entwickelt, diese Frage bleibt auch nach „Eine deutsche Partei“ noch unbeantwortet.
Regie:
Deutschland 2021
Berlinale – Sektion Berlinale Special