Stellvertretender Chef des Wehrmachtsführungsstabes 1938/44
Walter Warlimont [1] wurde am 3. Oktober 1894 in Osnabrück geboren. Seine Familie war wallonischer Herkunft, aus Eupen eingewandert; sein Vater Louis Warlimont war Verlagsbuchhändler/Antiquar, seine Mutter hieß Anna, geborene Rinck. Er legte sein Abitur in Osnabrück ab und trat am 17. Februar 1913 in Straßburg, damals Deutsch-Elsass, als Fahnenjunker in das Fußartillerieregiment 10 ein. Er entwickelte sich zu einem hochbegabten, sehr ehrgeizigen Offizier. Von August 1913 bis Mai 1914 besuchte er die Kriegsschule in Danzig; im Juni 1914 bekam er sein Leutnantspatent. Im Ersten Weltkrieg war er Batterieoffizier im Westen, er wurde als Adjutant bei Abteilung, Regiment und Brigade verwendet und war später Batterieführer im Westen und an der Isonzofront in Italien. Das Kriegsende erlebte er in Lothringen. Nach dem Krieg gehörte er zuerst dem Freikorps Maercker an, bis er 1919 in die Reichswehr übernommen wurde; er wurde dem Artillerieregiment 6 in Minden, Westfalen, zugeteilt. 1925 erfolgte seine Kommandierung ins Reichswehrministerium, nachdem er den Führergehilfenlehrgang absolviert hatte. Er war sprachbegabt und konnte im Herbst 1926 als Hauptmann ein dreimonatigen Urlaub nehmen, um in England seine Sprachkenntnisse zu vertiefen. Zurück in Deutschland arbeitete er als 2. Adjutant des Chefs Truppenamt, von Blomberg. 1927 heiratete er Anita Freiin von Kleydorf (1899–1987); aus der Ehe gingen zwei Töchter und ein Sohn hervor.
Im Mai 1929 wurde er vom Chef der Heeresleitung Heye für ein Jahr in die USA abkommandiert, um dort die wirtschaftliche Mobilmachung des amerikanischen Heeres zu studieren. Seine Laufbahn verlief im üblichen Wechsel vom Stabs- zum Truppendienst. Ab Herbst 1930 bis ins Frühjahr 1933 war er Batteriechef im Artillerieregiment 1 in Allenstein. 1933 wurde er als Major ins Reichskriegsministerium versetzt, in die Wehrwirtschaftliche Abteilung; dort blieb er bis 1936.
Zwischen 1934 und 1939 unternahm Warlimont „Bildungsreisen“ nach Belgien, Holland, Frankreich und (zum zweiten Male) England. Die Aufenthalte in England und Amerika und die Reisen in süd- und westeuropäische Länder erweiterten seinen Gesichtskreis. 1935 wurde er zum Oberstleutnant befördert.
Am 31. August 1936 wurde er zum Bevollmächtigten des Reichskriegsministers bei General Franco ernannt und nominell zum Befehlshaber der deutschen Militärmission in Spanien. Es war dies bis zu einem gewissen Grade eine diplomatische Ernennung, obwohl seine Berichte für Göring und von Blomberg bestimmt waren und nicht für das Außenamt. Als Deckname führte er den Namen „Guido Waltersdorff“; seine Mission hieß daher „Unternehmen Guido“. Warlimont hatte das spanische Oberkommando zu beraten, deutsche wehrpolitische Interessen zu vertreten und er musste vor allem alle Möglichkeiten der Unterstützung der Franco-Nationalisten durch die deutsche Wehrmacht prüfen [2]. Anfänglich hatte er auch wirtschaftliche Aufgaben, aber innerhalb der ersten zwei Wochen nach seiner Ankunft legte er diese ab. Am 6. November wurde er abgelöst vom Kommandeur der „Legion Condor“ Hugo Sperrle, dessen Stab nunmehr die Gesamtkoordination in Spanien oblag; am 3. Dezember 1936 flog Warlimont zurück nach Deutschland.
1937 bereitete Warlimont im Wehrmachtsamt des Reichskriegsministeriums einen Bericht vor, der die Reorganisation der Wehrmacht unter einem Führungsstab und einem Oberkommandierenden forderte. Dieser Plan zielte eindeutig darauf ab, die Macht der militärischen Führungsspitze zugunsten des Führers einzuschränken und bildete die Grundlage für die Errichtung des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW).
1937 wurde er Kommandeur des Artillerieregiments 34 in Trier, anschließend – im Februar 1938 wurde er zum Oberst und Kommandeur des Regiments 26 in Düsseldorf befördert; dort blieb er bis Ende März 1938. Kurze Zeit hielt er sich in Wien als Vertreter des OKW auf, dann kehrte er zurück zu seinem Regiment. Das große Revirement Hitlers vom 4. Februar 1938 bezeugte er zunächst aus der Ferne. Nachdem sein Vorgesetzter Jodl wegen der üblichen Abwechslung Stabs-/Truppendienst im Herbst 1938 Artilleriekommandeur in Wien geworden war, wurde Warlimont am 10. November 1938 dessen Nachfolger als Chef der Abteilung Landesverteidigung (L) im Wehrmachtsamt, die im Februar 1934 durch Ausbau der bisherigen Wehrmachtabteilung neu gebildet worden war.
Warlimont dirigierte die Abteilung L nach Anweisungen Jodls; in ihm verlief die Naht zwischen politischem Regiment und militärischem Apparat, im Rahmen der Spitzengliederung der Wehrmacht indifferent, nach Meinung Warlimonts gedrängt auf eine „unsicher abgesteckte Grenzlinie“, die sich zwischen den spontanen politischen Einfällen des Diktators und ihren militärischen Auswirkungen bewegte [3].
Keitel verzichtete nach Jodls Versetzung zu einem Truppenkommando auf eine Neubesetzung der Stelle Jodls als Chefs des Wehrmachtsführungsamtes und ließ die Geschäfte in Personalunion durch den Chef L, Oberst Warlimont, führen, der ihm direkt unterstellt war. Dieser verbesserte das dienstliche Verhältnis zum Heeresgeneralstab, in dem er z. B. die Weisung Weiß (Angriff auf Polen) vom 3. April 1939 mit diesem absprach und demnach nur eine koordinierende Tätigkeit ausübte (Warlimont nannte das eine „militärische Registratur“). Im Sommer 1939 verschärfte sich die politische Krise und der Chef OKW, Keitel, rief Jodl als Chef des Wehrmachtsführungsamtes zurück, natürlich sehr zum Missvergnügen Warlimonts.
Anfang September 1939 fuhr Hitler mit seinem Führerzug [4] Richtung Polen; es gab darin nur Platz für einen höheren Offizier der Wehrmachtführung; die Wahl fiel auf Jodl. Sein Stellvertreter Warlimont blieb mit seiner keineswegs übermäßig beschäftigten Abteilung L in Berlin, die räumliche Trennung gestaltete die Zusammenarbeit dann sehr schwierig. Nur einmal, am 10. September, flog Warlimont zum Führerzug –der sich damals in Illnau, Schlesien, befand; er erhielt dabei von Hitler den Befehl, in der westlichen Mitte des Reiches einen Platz für ein festes Feldhauptquartier zu erkunden, welches nahe an der Westfront, aber außerhalb der Reichweite der Ferngeschütze zu liegen habe [5].
Später wurde die Abteilung L getrennt in eine Standortstaffel, die in Berlin blieb, und in eine Feldstaffel [6], die in der Nähe des Führerhauptquartiers verblieb und die zuerst in einem eigenen Sonderzug Atlas untergebracht war (später in zwei Züge: Franken I und Franken II). Während des Ostfeldzuges wurde die Staffel definitiv im Gebiet Sperrkreis II des FHQ Wolfsschanze stationiert. Warlimont drängte nach dem Polenfeldzug auf eine andere Position, sowohl wegen der als Demotion empfundenen Vertreterstelle, als auch wegen der großen Distanz zwischen ihm und seinem Chef Jodl. Es geschah aber nichts; Jodl ließ ihn, nach seiner Art, im Ungewissen. Am 29. Juli 1940 eröffnete Jodl ihm unter Verpflichtung zu strengster Geheimhaltung, dass Hitler die Absicht habe, um Großbritannien „friedensbereit“ zu machen, die Sowjetunion mit den Waffen niederzuringen. Warlimonts Abteilung L wurde mit der Prüfung der mit einem Ostfeldzug verbundenen Probleme beauftragt. Am 1. August 1940 wurde Warlimont zum Generalmajor befördert.
Ab 14. Dezember 1941 war die Dienstbezeichnung Warlimonts „Stellvertretender Chef des WFA“; im Januar 1942 wurde er zum Stellvertretenden Chef des Wehrmachtsführungsstabes (WFSt) ernannt, in Umbenennung des bisherigen Wehrmachtsführungsamtes (WFA). Warlimont unterstand also Jodl, dem Chef WFSt, und er war dessen ständiger Vertreter. Er hatte die Dienststellung und Befugnisse eines Divisionskommandeurs. Zu seinen operativen Aufgaben gehörten die Beratung zur Lagebeurteilung und Entschlussfassung, sowie die Bearbeitung der vom OKW ausgehenden operativen Weisungen. Dazu gehörten im Dezember 1940 unter anderem Planungen in Zusammenhang mit dem Unternehmen Barbarossa (Angriff auf die Sowjetunion). Auch gehörte dazu das Erstellen von Richtlinien für die Organisation und Rüstung der Wehrmacht und die Bearbeitung von militärischen Fragen der am Kriege beteiligten außermilitärischen Organisationen (darunter auch die Wehrgesetzgebung). Warlimont war (als „OKW-Sekretär“) mehrheitlich mit diesen organisatorischen Fragen betraut. Zu seinen Quartiermeisteraufgaben gehörten die Leitung der Kriegsverwaltung für operative Fragen wie auch besetzte Gebiete und die allgemeinen Versorgungsaufgaben.
Er war verantwortlich für die Unterrichtung der übrigen Ämter und Abteilungen des OKW über die Kriegslage und erhielt von diesen, sowie von den Oberkommandos der Wehrmachtteile die für die Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen Unterlagen, im Bedarfsfall durch ständig abgestellte Verbindungsoffiziere. Er hatte nach jeweiliger Anweisung seines Chefs (Jodl) unmittelbar Vortrag beim Chef OKW (Keitel) zu halten [7]. Der gut informierte Warlimont musste sich der Diskrepanz zwischen rationaler Einsicht und den tatsächlichen Verhältnissen bewusst gewesen sein, aber er funktionierte weiter bis zu seiner Entlassung.
Sein Chef Jodl bevorzugte Büroarbeiten und Kartenstudien. Die diplomatischen und Inspektionsreisen überließ er gerne seinem Stellvertreter (Warlimont); so zum Beispiel die Reise in den Westen im Dezember 1939 [8]; die Balkanreise im Mai 1942 [9]; die Romreisen im März 1943 [10] und im Mai 1943 [11]; eine zweite Balkanreise im Januar 1944 [12] und die Reise in den Westen vom August 1944 [13]. Die Dienstreisen und die Erfahrung seiner Auslandreisen vor dem Krieg erlaubten ihm, die Realität des Krieges voll auf sich wirken zu lassen und die wirkliche Lage Deutschlands zu deuten.
Warlimont war ein weit überdurchschnittlich begabter, äußerst pflichtgetreuer und arbeitsamer Offizier, ein vorzüglicher und hochintelligenter Bürogeneral. Er wurde von Jodl und Keitel eingehendst informiert über die Motive, Erwägungen und Pläne Hitlers (soweit ihnen diese bekannt waren) und er konnte seinerseits Anregungen, Vorschläge und abweichende Meinungen in Gestalt von Denkschriften, Vortragsnotizen und Lagebeurteilungen [14] vorbringen, freilich ohne dabei sicher zu sein, dass diese der höchsten Stelle (Hitler) unterbreitet wurden [15], umso mehr, als Warlimont wusste, dass Jodl in den Offizieren seines Stabes nur Instrumente zur näheren Ausarbeitung von Befehlen sah und nicht Menschen, die zu selbstverantwortlichem Denken, zu Anregungen und Beratungen befähigt waren [16].
Warlimont konnte unter Jodl ziemlich gut arbeiten, obwohl er dessen autoritäre Befehlsweise kritisierte und er ihm immer „wesensfremd“ blieb. Ausgeprägtere Gegensätze schienen kaum denkbar: Warlimont ein gepflegter, kluger, feinsinniger General und gläubiger Katholik [17], Hasser des Nationalsozialismus; Jodl ohne jeden Sinn für Aufzug, herb, einsilbig, antikatholisch, Bewunderer Hitlers. Charakter, Rivalität und Weltanschauung trennten sie; einzig Distanz oder Schweigen und das Unterlassen jeder persönlichen Geste bewahrte sie vor tiefgreifenden Konflikten [18]. Im Juni 1942 hatte der Wehrmachtsführungsstab eine von Warlimont am 6. Juni unterzeichnete Denkschrift „Wehrkraft 1942“ angefertigt, in dem die Situation Deutschlands schonungslos analysiert wurde; – dass Hitler diesen Bericht zu Gesicht bekam ist unwahrscheinlich: Keitel hätte es kaum gewagt ihn weiterzuleiten und Jodl zeigte nur wenig Interesse [19].
Am 3. November 1942 traf im FHQ ein Fernschreiben des GM Rommel ein, das vom diensttuenden Offizier der Operationsabteilung, Major Bonin, nicht sofort weitergeleitet wurde, da er es nicht als wesentlich neu bezeichnete. Hitler war darüber aufs äußerste empört und ließ den Major in den Mannschaftsstand degradieren. Später ließ er durch Keitel dem stellvertretenden Chef des verantwortlichen Wehrmachtsführungsstabes Warlimont mitteilen, dass er von seiner Stellung enthoben war [20]. Am 5. November machte Hitler – auf Fürsprache des Generals Schmundt hin – die Amtsenthebung Warlimonts rückgängig, vor allem, weil sich kein gleichwertiger Ersatzmann hatte finden lassen. Keine Rolle spielte dabei die Einsicht, dass Warlimont kein Verschulden anzulasten war [21], Schmundt hatte dies jedoch Warlimont gegenüber anders formuliert, nämlich dass Hitler eingesehen hatte, dass ihn offensichtlich kein Verschulden am Versäumnis des 3. November traf[22]. Am 1. April 1943 beförderte Hitler seinen Wehrmachtsadjutanten, Schmundt, und den Stellvertreter Jodls, Warlimont, zu Generalleutnanten.
Am 1. März 1944 gab Jodl seine Beurteilung von Warlimont ab, kulminierend im zusammenfassenden Urteil „überragend“ (dabei als schwache Seite: „er ist sich seines Wertes bewusst, denkt viel an sich“. Ein Urteil, das von Warlimonts Mitarbeitern geteilt wurde [23]). Jodl hielt seinen Stellvertreter Warlimont bewusst auf Distanz, seine Intelligenz ließ er unausgeschöpft. Warlimont war ein äußerst pflichtgetreuer und begabter Offizier, aber ihm entbehrte die Persönlichkeit, seine Auffassungen über den falschen Kurs des Krieges nachdrücklich zu vertreten. Warlimont wurde zum 1. April 1944 zum General der Artillerie befördert.
Am 20. Juli 1944 erlitt er Verletzungen am Arm beim Stauffenbergattentat, die anfänglich nicht schwer zu sein schienen. Bei einem Frontbesuch im Westen im August 1944 erkannte Warlimont die Aussichtslosigkeit jeder Weiterführung des Krieges [24]. Später 1944, ließ Jodl Material sammeln um beweisen zu können, dass Warlimont nicht den richtigen Führerglauben hatte [25]. Es schienen Warlimont nach dem Attentat zuerst keine ernsthaften gesundheitlichen Schäden entstanden zu sein und er versah weiter seinen Dienst. Als er aber aus der Normandie zurückgekehrt war, hatten Gleichgewichtsstörungen eingesetzt, die zusammen mit anderen ungewöhnlichen Erscheinungen des Nervensystems seine Bewegungs- und Arbeitsfähigkeit täglich mehr beeinträchtigen. Ärztliche Untersuchungen und ein Gutachten eines Neurologen ergaben eine Gehirnerschütterung. Erst dann waren seine Vorgesetzten zu überzeugen. „Legen Sie sich eine Zeitlang nieder“, waren die Abschiedsworte Hitlers beim Anfang des Krankenurlaubs [26].
Am 14. August 1944 beantragte das Heerespersonalamt bei Keitel die Ablösung Warlimonts, der seit dem 6. September im Krankheitsurlaub war. Ende September 1944 erklärte Hitler sich damit einverstanden, Warlimont definitiv zu ersetzen [27], dem er damit sicher eine große Freude machte. Das Heerespersonalamt versetzte ihn am 15. November zur Führerreserve des OKW [28]. Bis zum Schluss des Krieges wurde er nicht mehr eingesetzt.
Warlimont kehrte zu seiner Familie zurück. Er ließ sich von KZ-Häftlingen einen privaten Luftschutzstollen in der Nähe seines Hauses in Dürnbach-Finsterwald bauen; später behauptete er, damit das Leben dieser Häftlinge gerettet zu haben [29]. Nach dem Krieg wurde er im Mai 1945 in seiner Wohnung in Dürnbach verhaftet und nach Mondorf verbracht. Im November traf er in Nürnberg ein, wo er seine ehemaligen Vorgesetzten Keitel und Jodl wiedertraf. Dort war er Mitverfasser der Denkschrift „Das Deutsche Heer von 1920–1945“, eines auf den 19. November 1945 datierten, sehr apologetischen Memorandums, das alle Schuld auf Hitler schob und – von den alliierten Anklagebehörden als sehr eindrucksvoll betrachtet – mit dazu führte, dass die Alliierten den Generalstab und das OKW nicht zu den verbrecherischen Organisationen erklärten.
Nach den Hinrichtungen Keitels und Jodls kam der sogenannte „OKW-Prozess“ (Fall XII), der vor dem amerikanischen Militärtribunal V in Nürnberg zwischen dem 5. Februar und dem 28. Oktober 1948 geführt wurde. Warlimont musste sich dort zusammen mit 13 Angeklagten verantworten wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und wegen Kriegsverbrechen. Sein Befolgen von Befehlen, die eindeutig gegen das Landkriegsvölkerrecht verstießen, des Gerichtsbarkeitsbefehls Barbarossa (am 14. Mai 1941) und des Kommissarbefehls (am 6. Juni 1941), den er im Auftrag Keitels unterzeichnete; des Kommandobefehls (am 10. Oktober 1942); sein Mitwirken am Plan Lynchjustiz an alliierten Fliegern zu fördern, an Maßnahmen bei der Verschleppung und Versklavung von Zivilisten und andere Vergehen wurden ihm im Nachkriegsprozess zum Verhängnis [30]. Das Gericht erklärte Warlimont schuldig gemäß Punkt II (Kriegsverbrechen gegen feindliche Kriegführende) und Punkt III (Kriegsverbrechen gegen Zivilpersonen) und verurteilte ihn am 28. Oktober 1948 zu lebenslanger Haft. Man brachte ihn, zusammen mit anderen Verurteilten, in das Gefängnis in Landsberg/Lech.
Am 31. Januar 1951 wurde er mit 88 anderen Kriegsverbrechern begnadigt; seine Strafe wurde auf 18 Jahre herabgesetzt. Ein Verfahren vor der Spruchkammer München wurde im November 1952 eingestellt. Anfang Juni 1954 erfolgte dann seine definitive Entlassung aus dem Landsberger Gefängnis. Er setzte seine kriegsgeschichtlichen Arbeiten fort und legte 1962 seinen Bericht „Im Hauptquartier der deutschen Wehrmacht 1939–1945“ vor; keine Memoiren, sondern seine Analyse der deutschen Planungen und Operationen zwischen 1938 und 1944.
Er führte, wie zum Beispiel auch Halder und Speer, eine umfassende Korrespondenz mit Historikern und Fachjournalisten und war immer bereit, Auskünfte zu erteilen. Dabei ließ er deren Beeinflussung durch seine persönlichen Ideen und Urteile nie aus den Augen. Niemals erwähnte er dabei seine persönliche Schuld: offensichtlich hatte er sie nie begriffen, jedenfalls total verdrängt. Am 9. Oktober 1976 starb Warlimont in Kreuth am Tegernsee (Oberbayern).
Autor: Hubert Beckers
Literatur
– Görlitz Keitel, Jodl and Warlimont in Correlli Barnett (Hrsg.): Hitler’s Generals. New York 1989, S. 162-174
– Walter Görlitz (Hrsg): Generalfeldmarschall Keitel. Verbrecher oder Offizier ? Erinnerungen, Briefe, Dokumente des Chefs OKW. Göttingen 1961
– Kriegstagebuch des OKW Bd. I und Bd. IV-2. Frankfurt/Main 1965 und 1961
– Mühleisen Gen.d.Art. Warlimont in Gerd R. Ueberschär Hitlers Militärische Elite Bd. 1 und 2, Darmstadt 1998
– NN: Fall 12. Das Urteil gegen das OKW, Berlin 1961. S. 251-273
– Bodo Scheurig Alfred Jodl Gehorsam und Verhängnis. Berlin 1991
– Schott Wehrmachtsführungsstab im Führerhauptquartier 1939-1945. Bonn 1980
– Trial War Criminals Bd. X. Washington 1952
– Warlimont Im HQ der deutschen Wehrmacht. Stuttgart 1964
Siehe auch die in Endnote 1 aufgenommenen Personalangaben Warlimonts.
Anmerkungen
[1]… Zu Warlimont siehe die in diesem Artikel verarbeiteten Angaben in:
– NN: Fall 12. Das Urteil gegen das OKW;
– Görlitz Keitel, Jodl and Warlimont in Barnett Hitler’s Generals, S. 162-174;
– Heiber Hitlers Lagebesprechungen, S. 38 Nr. 15/a;
– Kursietis Wehrmacht S. 377;
– Mühleisen Gen.d.Art. Warlimont in Ueberschär Mil.elite Bd. 2, S. 270-275;
– Trial War Criminals Bd. X, S. 53;
– Weiß Biographisches Lexikon zum Dritten Reich, S. 478;
– Wistrich Wer war wer im Dritten Reich, S. 372;
sowie Warlimonts Buch Im HQ der deutschen Wehrmacht.
[2]… Siehe Abendroth Hitler in span. Arena S. 56.
[3]… Siehe Schott Wehrmachtsführungsstab im FHQ S. 15.
[4]… Hitler verfügte vor dem Kriege nicht über ein Feldhauptquartier, wohl hatte er eine umfangreiche mobile Einrichtung in Form eines Eisenbahnzugs, mit dem er zahlreiche Reisen unternahm und den er auch im Polenfeldzug benutzte. Siehe Hoffmann Sicherheit des Diktators S. 82/5 und Seidler/Zeigert Führerhauptquartiere S. 134/38.
[5]… Siehe Warlimont Im HQ, S. 55; Schott WFSt. S. 22; Seidler FHQ S. 142; Hoffmann Sicherheit S. 207 (irrtümlich datiert 10/10).
[6]… Zum Feldstaffel siehe Schott Wehrmachtsführungsstab im FHQ, S. 40/3.
[7]… Siehe KTB-OKW Band I, S. 124E und Schott Wehrmachtsführungsstab im FHQ S. 65/6.
[8]… Siehe Jacobsen Fall Gelb S. 86; Warlimont Im HQ S. 59 in Nt. 2.
[9]… Siehe KTB-OKW Bd. II/1, S. 351.
[10]… Siehe KTB‑OKW Bd. III‑1, S. 168/75.
[11]… Siehe Irving Hitler und seine Feldherrn S. 488/9 und S. 824 Nt. 10.
[12]… Siehe KTB-OKW Bd. IV‑1, S. 735/38.
[13]… Siehe KTB-OKW Band IV-1 S. 462/67 (Warlimontvorträge vom 8/8, 12/8 und 18/8).
[14]… Siehe Schott Wehrmachtsführungsstab im FHQ S. 107/12.
[15]… Siehe Greiner Wehrmachtführung S. 15.
[16]… Siehe Warlimont in Im HQ S. 60.
[17]… Doch imstande zur Mitarbeit an verbrecherischen Befehlen (Kommissar- und Kommandobefehl!).
[18]… Siehe Scheurig Jodl S. 234.
[19]… Siehe Jacobsen 1939/45 Dok. 97, S. 309/33 und Warlimont Im Hauptqartier S. 251/52.
[20]… Siehe KTB-OKW Bd. II/1, S. 117 und Bd. II‑2, S. 894/98, Warlimont Im HQ, S. 280/81; Below Adjutant S. 320/21; Schulz Jahre S. 134/36; Feuersenger Im Vorzimmer S. 135; siehe auch Akten Parteikanzlei Bd. I‑1, Regest 16304, S. 756.
[21]… Siehe dazu KTB-OKW Bd. IV-2, S. 1751.
[22]… Siehe KTB-OKW Bd. II‑2, S. 896 und Warlimont Im FHQ, S. 281.
[23]… Mühleisen Warlimont in Ueberschär Hitlers milit. Elite Bd. 2, S. 271/72.
[24]… Siehe die Berichterstattungen Warlimonts vor Hitler am 12., 18. und 26. August 1944 in KTB-OKW Bd. IV-1 S. 462/68 und die Wiedergabe seiner Reise in seinem Buch Im HQ, S. 476/81.
[25]… Siehe Feuersenger Im Vorzimmer der Macht, S. 226.
[26]… Siehe Warlimont Im HQ, S. 491 und Nt. 1.
[27]… Siehe Schmundt Tätigkeitsbericht S. 204 und S. 268; KTB-OKW Bd.IV‑2, S. 1751.
[28]… Warlimont war bei Hitler persona non grata geworden: siehe KTB-OKW Bd. IV-2, S. 1751.
[29]… Mühleisen Warlimont in Ueberschär Hitlers milit. Elite Bd. 2, S. 272.
[30]… Siehe Fall XII, Urteil gegen das OKW, S. 252/73.