Die Zukunft moderner Kriegsführung ist schon da. Das ist die Botschaft des Dokumentarfilmers Alex Gibney, der sich dem Thema des Cyberkriegs angenommen hat. Er beginnt mit der Spurensuche über den Computervirus Stuxnet, der 2009 die iranische Atomanlage Natanz sabotierte. In mühsamer Kleinarbeit puzzelt er Aussagen von IT-Sicherheitsexperten, Ex-NSA- und CIA-Chefs, ehemaligen Mossad-Agenten und auch ein paar Whistleblower zusammen und rekonstruiert das digitale Sabotageprojekt als ein Gemeinschaftsprojekt von CIA und Mossad. Das ist spannend und ein hervorragendes Stück guten investigativen Journalismus und ein Fest für jeden IT-Nerd, der weiß was ein Zero-Day-Exploit ist.
Längst sind in allen größeren Staaten Spezialabteilungen der Streitkräfte und Geheimdienste am Werk, die gezielt daran arbeiten, Zugriffsmöglichkeiten auf die Infrastruktur ihrer Gegner zu bekommen.
So war Stuxnet selbst nur ein Baustein eines größeren Projektes, das im Fall eines Krieges den USA ermöglicht hätte per digitalem Erstschlag nicht nur die Luftverteidigung des Iran auszuschalten, sondern auch das Stromversorgungsnetz und viele andere Infrastrukturelemente.
Dass Gibney als erstem dank guter Kombinationsgabe und Whistleblowern der Nachweis solcher Cyberwar-Programme gelingt, ist ihm hoch anzurechnen. Allerdings sollte man seinen Film deshalb nicht als Sensation interpretieren. Denn bewiesen oder nicht – es ist nur all zu natürlich, dass in kommenden Kriegsszenarien auch ein digitales Waffenarsenal eingesetzt werden wird. Die von Gibney geforderte öffentliche Debatte über Cyberwar ist zwar berechtigt, greift aber etwas zu kurz.
Musste die Nato in den Balkankriegen noch mit speziellen Bomben serbische Elektrizitätswerke ausschalten, so genügt heute der Hack ins Netz eines Stromversorgers. Dass die Zivilbevölkerung unter solchen Maßnahmen leidet, ist aber der politischen Entscheidung zu solchen Maßnahmen geschuldet und nicht der Art ihrer Umsetzung.
Zero Days
Regie: Alex Gibney
USA 2016, 116 Min
Berlinale 2016 – Sektion: Wettbewerb
Eine Aufzeichnung der Pressekonferenz zum Film auf der Berlinale 2016 finden Sie hier.